Seit gestern sammelt die queerfeindliche Volksinitiative “Schluss mit Gendern in Verwaltung und Bildung” in Hamburg Unterschriften gegen gendergerechte Sprache. Die Initiative will ein Sprachverbot in Verwaltung und Schulen erzwingen, das die Berücksichtigung von nicht-binären Menschen verbietet.
Und noch während der Landeswahlleiter letzte Woche den Antragstext der Volksinitiative prüfte, brachte die Hamburger AfD einen weiteren vielfaltsfeindlichen Antrag in die Hamburgische Bürgerschaft ein, mit dem gendergerechte Sprache in Schulen verboten werden sollte. (“Gendersprache in Hamburger Schulen stoppen“)
Während GRÜNE, Linke und SPD starke Reden gegen den AfD-Antrag hielten und selbstverständlich auch den Antrag ablehnten, befand sich die CDU in einem Dilemma: auf der einen Seite möchten sie gerne nicht-binäre Menschen (u.a.) sprachlich diskriminieren, auf der anderen Seite mussten sie sich zu Recht den Vorwurf gefallen lassen mit der AfD zu kooperieren – von der Brandmauer nach rechts scheint sich die CDU immer weiter zu verabschieden.
Anfangs noch unter dem Vorwand die deutsche Sprache retten zu wollen, zeigt die Initiative jetzt ihre wahre Motivation: Queerfeindlichkeit und insbesondere der Wunsch nicht-binäre Menschen aus der öffentlichen Wahrnehmung zu entfernen. Unterstützt wird die Initiative wenig überraschend von der AfD und der CDU, die sich aktiv an der Unterschriftensammlung beteiligen wollen.
Die Initiatorin Sabine Mertens sprach dem “Hamburger Abendblatt” gegenüber von “feministischer Propaganda” und “PR-Maßnahmen der LGBTQ-Bewegung”. Sie meinte, “dass sich normalerweise Männer und Frauen zum anderen Geschlecht hingezogen fühlen” und “wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch und trans werden sollen, dann ist die Evolution zu Ende.” (Queer.de: Hamburger Anti-Gender-Initiative erklärt Homosexuelle zur Gefahr für menschliche Evolution)
Der Verein Deutsche Sprache (VDS) ist in der Vergangenheit bereits unangenehm aufgefallen, als sie eine angestellte Person im Rechtsstreit gegen den Audi-Konzern unterstützte, um das „Gendern“ innerhalb des Konzerns verbieten zu lassen. Mit diesem Vorhaben sind sie gescheitert. Nun versuchen sie einen weiteren Vorstoß und richten sich explizit an ein allgemeines Gender-Verbot in Hamburger Behörden. Mit ihrer Hamburger Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ möchten Sie den Senat auffordern „den staatlichen Verwaltungen und Bildungseinrichtungen vorzugeben, dass die amtliche schriftliche oder elektronische Kommunikation und Veröffentlichung unter Einhaltung der Regeln des ‘Rats für deutsche Rechtschreibung’ erfolgt.“
Die Volksinitiative will damit eine diskriminierende Sprache erzwingen. Dies ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich, denn es soll die Freiheit der Entfaltung einschränken, zu der auch die Entwicklung der Sprache zählt.
War es vor einigen Jahrzehnten noch üblich Frauen als „Weib“ oder „Fräulein“ zu bezeichnen, werden diese Begriffe heute als demütigend empfunden und sind größtenteils aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Ebenso verhält es sich mit Wörtern, welche durch die Historie als rassistisch entlarvt wurden. Sprache darf nicht diskriminieren und Regierende haben dabei mit gutem Beispiel voranzugehen. Deshalb nutzen wir im Hamburger Senat eine geschlechtergerechte Sprache, mit der alle Menschen angesprochen werden können. Damit erkennen wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes an, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt und tragen dadurch zur Inklusion geschlechtlicher Vielfalt bei.
Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur “3. Option” und die darauffolgende Einführung des Personenstand “divers” durch den Bundestag ist die Geschlechtervielfalt auch rechtlich vollkommen unstrittig. Ein gezieltes Unsichtbarmachen, ein Verbot Menschen eines bestimmtes Geschlechts überhaupt zu nennen, steht klar im Widerspruch zu Art. 3 GG, demzufolge niemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werden darf.
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