Transgender Day of Remembrance

Kein Platz für Hass: Gemeinsam gegen Transfeindlichkeit

Heute, am Transgender Day of Remembrance, gedenken wir der Opfer transfeindlicher Gewalt. Das Trans Murder Monitoring (TMM) dokumentiert allein für den Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2023 weltweit 321 Morde an trans* und genderdiversen Menschen, 94% der Opfer waren trans* Frauen.

Die weltweite Situation für queere Menschen ist erschreckend, aber auch die Situation in Deutschland ist besorgniserregend. Jeden Tag werden in Deutschland laut Bundesinnenministerium durchschnittlich zwei queerfeindliche Übergriffe gemeldet, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegt. Im Jahr 2022 verzeichnete das Bundesministerium erneut einen bundesweiten Anstieg der Fallzahlen der politisch motivierten Kriminalität, insbesondere der Hasskriminalität gegen LSBTIQ*. Im Bereich „sexuelle Orientierung“ wurden 1005 Straftaten (davon 227 Gewaltdelikte) und im Bereich „geschlechtliche Vielfalt“ 417 Straftaten (davon 82 Gewaltdelikte) registriert. Die alarmierenden Zahlen queerfeindlicher Gewalt in Deutschland zeigen, dass queere Menschen, die ihre sexuelle und geschlechtliche Identität leben, hohen Risiken ausgesetzt sind und dies keine Selbstverständlichkeit ist. Sichtbarkeit von trans* und genderdiversen Menschen und Zivilcourage gegen transfeindliche Gewalt können sogar lebensgefährlich sein. Der aktuelle Rainbow Europe Index zur Queer-Freundlichkeit in Europa sieht Deutschland auf Platz 15, ein Wert, der seit Jahren stagniert und unser Land im oberen Mittelfeld hält.

Queere Menschen erfahren Diskriminierung auf verschiedenen Ebenen – sei es strukturell, institutionell oder durch offensichtliche Anfeindungen von außen. Das jüngste Urteil des Bundessozialgerichts zu geschlechtsangleichenden Operationen verdeutlicht die strukturelle rechtliche Diskriminierung von trans* Menschen. Das Urteil fordert, dass geschlechtsangleichende Operationen bei trans* Menschen „Teil einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode“ sein müssen. Über deren Anerkennung wiederum muss zunächst der Gemeinsame Bundesausschuss entscheiden, bevor Versicherte die Leistung von ihrer Krankenkasse beanspruchen können. In Hamburg ist bereits der erste Fall bekannt geworden, in dem einer binären trans* Person aufgrund des BSG-Urteils die Kostenübernahme für eine geschlechtsangleichende Operation verweigert wurde. Dies wirft ernsthafte Fragen bezüglich des Umgangs mit und des Zugangs zu notwendigen medizinischen Maßnahmen für trans* Menschen auf.

Handlungsbedarf besteht auf verschiedenen Ebenen: Zum einen tragen neben der geringen Anzeigebereitschaft der Betroffenen die unzureichende Effizienz der Ermittlungsverfahren und die lückenhafte statistische Erfassung maßgeblich zum hohen Dunkelfeld bei, wie die Studie „Queerfeindliche Hasskriminalität in Deutschland“ von Sarah Ponti betont. Die Studie weist auf eklatante Wissenslücken über Ausmaß, Erscheinungsformen und Hintergründe queerfeindlicher Gewalt sowie den Umgang der Sicherheitsbehörden und der Justiz mit dieser Form der Hasskriminalität hin.

Es ist wichtig, die Erfassung von queerer Hasskriminalität zu verbessern und insbesondere das Dunkelfeld aufzuhellen. In Hamburg gibt es wie in einigen anderen Bundesländern bereits LSBTI*-Ansprechpersonen bei der Polizei. Dies ist ein vielversprechender Weg, der weiter ausgebaut werden sollte. Insbesondere im Hinblick auf die Einrichtung einer LSBTI*-Ansprechperson bei der Hamburger Staatsanwaltschaft. Es bedarf weiterer Aufklärung, Bildung und Sensibilisierung, um Vorurteile abzubauen und die Rechte aller Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität zu schützen.

Neben der Bekämpfung queerfeindlicher Hassgewalt müssen endlich strukturelle Benachteiligungen abgebaut werden. Das unwürdige „Transsexuellengesetz“ muss durch ein echtes Selbstbestimmungsgesetz ersetzt und ein Entschädigungsfonds für trans* und intergeschlechtliche Menschen, die aufgrund früherer Gesetze von Zwangssterilisation oder Zwangsscheidung betroffen waren, eingerichtet werden.

Die vor uns liegenden Aufgaben erfordern mehr als Worte – sie erfordern konkrete Maßnahmen und eine gemeinsame Anstrengung von Regierung, Institutionen und Zivilgesellschaft.

In diesem Moment des Gedenkens, vereint im Mitgefühl für die durch Hass und Gewalt verlorenen Leben, erinnern wir uns daran, dass unsere kollektive Verantwortung für die Anerkennung aller Geschlechtsidentitäten nicht nur eine Aufgabe ist, sondern ein fortwährender, täglicher Akt des gemeinsamen Engagements für Vielfalt und Respekt.

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